Kunstinstallation ,,Catering ist aufgebaut..." - Werkanalyse

Weihnachtsgeschenk an A cappella-Band ,,basta" / Sperrholzbox in Pappkarton mit Buchstaben-Applikation auf Vorder- und Innenseite / Innenverkleidung aus fett- und zuckerhaltigen Schoko-Rippen-Segmenten / dreidimensionale Installation, 60 x 50 x 40 / L x B x H / Künstlerin: Sandra Warkentin / Dezember 2019


Selten hat wohl ein Kunstwerk das Thema ,,Vergänglichkeit" treffender thematisiert als diese Installation von Sandra Warkentin mit dem Titel ,,Catering ist aufgebaut...".

Dass die Künstlerin mit Lebensmitteln die Materialsprache erweitert und sich gegen einen überkommenen Begriff von Kunst wendet, in dem sie sich der Musealisierbarkeit rigoros verweigert, ist radikal und mutig.

Eine Ahnung davon bekommt, wer sich die Existenz der unterschiedlichen Bestandteile der Installation einmal näher betrachtet.

Da ist zunächst eine nüchterne Sperrholzbox, umgeben von einer Kartonage, augenfällig verpackt in den Signalfarben rot und weiß. Quasi als sublime Warnung, dass nicht alles so ist wie es zunächst den Anschein hat? ,,CATERING IST AUFGEBAUT...", so behauptet die Inschrift in weißen Buchstaben auf der Frontseite des Kunstwerks.

Ein genauerer Blick auf die Installation offenbart plötzlich eine weitere Botschaft, die irritiert. Und deren Widersprüchlichkeit sich erst auf den zweiten Blick offenbart.
,,...BESTES ZEUG ALS ERSTES WEG!" leuchtet es einem in grellen Lettern entgegen.

Doch was soll diese Behauptung bedeuten? Etwa eine dunkle Vorhersehung?

Gleichsam den düsteren Prophezeiungen von Sehern der griechischen Mythologie wie dem geblendeten, blinden Teiresias am Fuße der schroffen Klippen des Berges Kyllene? Oder der trojanischen Königstochter Kassandra, die, das Unheil voraussehend, den unaufhaltsamen Untergang Trojas als drohende Vorausahnung stets vor Augen hatte?

Denn noch sind sie offensichtlich und existent, die verschiedenen schokoladenhaltigen Segmente, mit denen die Innenwände der Box ausgekleidet sind. Doch antizipiert die Künstlerin hier bereits frühzeitig ein schnelles Ende des eigenen Kunstwerks.

Ebenfalls vorausahnend, dass fünf unterzuckerte Sänger, die sich gegenseitig nicht das Schwarze unter den Nägeln gönnen, die Dauer der Existenz dieser Installation auf eine Zeitspanne verkürzen, die in extremem Maße zum auf der Rückseite der Schoko-Riegel aufgedruckten Mindesthaltbarkeitsdatum steht.

Ein kunstgewordenes Sinnbild für Nahrungskonkurrenz, den ewigen, grausamen Wettbewerb verschiedener Arten beim Erlangen von Lebensmitteln bezeichnend.

Und das Prozesshafte deutlich offenbarend, dass diesem Kunstwerk durch die Transformation innewohnt, wenn es dezimiert wird und sich dadurch verändert.

Es erinnert auf eindrucksvolle Weise an folgenden Gedanken der Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach:
,,Der Gedanke an die Vergänglichkeit aller irdischen Dinge ist ein Quell unendlichen Leids - und ein Quell unendlichen Trostes."

Unendliches Leid, wenn sich René die Box mit den Süßigkeiten mal wieder schneller als alle anderen bastas unter den Nagel gerissen hat, im festen Glauben, er sei der Erste.

Und unendlicher Trost, wenn man weiß, dass wir ihm nur noch die Milky Ways übrig gelassen haben, die er -im Gegensatz zu den Kinderriegeln- überhaupt nicht mag.

Einen frohen 3. Advent!
×